29. März 2024 0:27

Richtfest: 1. Fest im neuen Heim!

Nach der Arbeit kommt das Vergnügen

Das Zimmerhandwerk ist geprägt durch traditionelle Bräuche und Rituale. Bis heute noch ziehen Zimmermänner für 3 Jahre und 1 Tag auf die Walz, tragen dabei ihre traditionelle Kluft und zeigen stolz die Verbundenheit zum Handwerk. Mit der Wanderschaft verbreiteten sich ihre Rituale auf der ganzen Welt – so auch das Richtfest. Seit dem 14. Jahrhundert ist das Richtfest, manchmal Weihfest, Hebefest oder Bauheben genannt, fester Bestandteil auf Baustellen. Es wird gefeiert, wenn der Rohbau fertiggestellt ist und der Dachstuhl errichtet wurde. Das Weihfest findet auf der Baustelle während der Arbeitszeit statt und wird vom Bauherrn ausgerichtet. Dieser sollte die Bräuche und Rituale der Bauzunft unterstützen und wie zu alter Zeit Speis und Trank spendieren. Heute informieren wir Sie über das ureigene Fest der Handwerksleute.

Ablauf, Geschichte und Traditionen

Das Richtfest besitzt traditionelle, gesellschaftliche und abergläubische Merkmale. Ehemals wurden Fachbauwerke komplett aus Balkenwerk gefertigt. Die Errichtung war eine strategische und aufwendige Prozedur. Auf dem Land war es unabdingbar, dass die ganze Gemeinde beim Bau mithalf: Fällen von Bäumen im Winter, Zuschneiden sowie Anpassen des Holzes, Lehmstechen und Aufmauern des Mauerwerkes sind nur einige Arbeitsschritte des altertümlichen Hausbaus. Das Richtfest war nicht nur Danksagung für die unverzichtbare Dorfgemeinde. Ebenso sollten zu diesem Tag alle offenen Verbindlichkeiten und Rechnungen beglichen werden, damit man in ein “unbelastetes Haus“ einziehen kann. Viele Rituale werden heute noch angewendet, zahlreiche sind in Vergessenheit geraten.

Zu Beginn des Festes befestigt der Zimmermann den Richtkranz bzw. Richtbaum am Dachstuhl. Die bunten Bänder im Baum symbolisieren das traditionelle Tuch der Zimmerleute – auch Berliner oder Charlottenburger genannt. Die Handwerker knoteten früher diese Tücher an den Richtbaum in der Hoffnung, der Bauherr würde Brot, Käse und Wurst als Wegzehrung für die weitere Wanderschaft bereitstellen. In ein rotes Tuch wird ein Geldstück gelegt und zusammen mit einem Fläschchen Schnaps ebenfalls am Baum befestigt. Einer der Zimmerleute hält den traditionellen Richtspruch, ein Dank an den Bauherren sowie Architekt und Bitte um Segen als auch Wohlstand für das neue Heim. Der Redner lädt ein, auf das Wohl des neuen Hauses mit Schnaps oder Wein zu trinken. Am Ende wirft er das Glas vom Dach herunter. Zerspringt es am Boden bedeutet das Glück für die Zukunft. Während der Zeremonie auf dem Dach schlägt der Bauherr den letzten Nagel ein. Da früher für jeden benötigten Schlag nochmals ein Liter Bier bezahlt werden musste, tauschten die Zimmerleute gerne den Hammer mit einem unhandlichen oder kaputten Exemplar aus. Heutzutage sind kleine Streiche der Handwerker immer noch sehr beliebt und spiegeln den charmanten Witz in der Berufsgruppe wieder. Anschließend wird der Richtschmaus auf der Baustelle in geselliger Runde, oftmals bis spät in die Nacht, gefeiert.

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Tipps für das Fest

Handwerker mögen es unkompliziert und zünftig. Die Festplanung sollte sich auf die Wünsche der Gäste konzentrieren. Das Richtfest ist zwar ein besonderer, aber kein förmlicher Anlass. Allzu schicke Nebensächlichkeiten sind somit unnötig. Auf der Gästeliste stehen alle Handwerker vom Meister bis zum Gesellen, Bauleiter, Architekten, Statiker, Lieferanten, Kollegen, Familie, Freund sowie alte und neue Nachbarn. Die Einladungen zum Fest erfolgen formlos in mündlicher Form und sollten früh genug ausgesprochen werden.

Essen & Trinken

Der erste Sekt im eigenen HausBier, Wein, Softdrinks, Säfte und Schnaps sind bei jedem Fest unverzichtbar. Wenn die Getränke auf Kommission bestellt werden, bringt das ein paar Vorteile mit sich: Nicht verbrauchte Getränke werden vom Lieferanten zurückgenommen, das Fest kann so großzügig geplant werden. Getränkelieferanten bieten Getränke in konsumfreundlichen Glasflaschen an oder liefern benötigte Gläser auf Wunsch mit. Eine einfache Maßnahme gegen unnötigen und umweltschädlichen Plastikmüll – Handwerker trinken ohnehin gerne direkt aus der Flasche. Neben dem Trinken ist eine zünftige Mahlzeit der wohl wichtigste Faktor beim Richtschmaus. Beliebt und einfach zu realisieren sind Fleisch sowie Gemüse vom Grill, Leberkäse, Brot und verschiedene Beilagen. Auf Nachfragen bringen Verwandte und Freunde gerne hausgemachte Salate und Kuchen für das Buffet mit und entlasten so den Koch. Für die Verpflegung kann auch ein Cateringservice engagiert werden. Der Vorteil hierbei: Das benötigte Essensgeschirr wird bereitgestellt. Ansonsten bieten sich für das Essen Pappteller und Besteck aus Holz an, sie können während des Abends an einer Feuerstelle verbrannt werden. Kein Abwasch, weniger Müll.

Gesellige Runde

Eine Feuerstelle spendet ebenfalls Wärme in der Nacht und taucht das ganze Fest in eine faszinierende Atmosphäre. Doch für eine gesellige Runde sind noch weitere Faktoren entscheidend. Auf dem Gelände sollten ausreichend Tische und Stühle für die Gäste bereitstehen. Ein oft vergessener Faktor bei der Planung ist die Wetterabhängigkeit und das Regenrisiko. Das Haus ist im Inneren noch zu unsicher für eine Party mit vielen Personen. Ein Zelt ist immer einen praktischer Wetterschutz. Perfekt für diesen Anlass sind die als Sanitätszelte bekannten Versionen. Sie erinnern an Beduinenzelte, sind deutlich niedriger als normale Festzelte und erschaffen so eine wohlige und intime Atmosphäre. Ebenfalls empfehlenswert sind eine zusätzliche Beleuchtung für die Nacht und eine Musikanlage. Sollten die sanitären Anlagen im Haus noch nicht funktionieren, kann eine mobile Toilette angemietet werden. Gefährliche Bereiche auf der Baustelle müssen vor dem Richtfest unbedingt abgesperrt und unzugänglich gemachte werden.

Geschenke & Mehr

Kleinere Geschenke an den Bauherren sind beim Richtfest üblich. Die Gäste bringen nach alter Tradition Brot und Salz mit. Gutscheine von Baumärkten, Fotobuch der Bauphasen, Gartengrill, Pflanzen sowie Gartengeräte, Briefkasten, Hausnummer, Pralinen und Sekt sind weitere übliche Geschenke. Die Kosten für das Richtfest zählen zu den Baunebenkosten und können vom Bauherrn steuerlich nutzbar gemacht werden. Es lohnt sich, alle Quittungen zusammeln.

Für den Bauherrn

Beginnen Sie mindestens 2. Wochen vorher mit der Organisation. Beziehen Sie den Architekten und den Polier von Anfang an in die Planung mit ein. Verfallen Sie nicht in Stress, gehen Sie gelassen an das Fest heran und genießen Sie diesen besonderen Tag. Mit diesen Tipps steht einem ausgelassenen Richtfest nichts mehr im Wege.

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