Jeder kennt das Phänomen: Nach einer langen Nacht erwacht man nicht selten in einem Zimmer mit stickiger Luft oder unangenehmen Gerüchen. Leider ist auch unerfreuliche Schimmelbildung im Badezimmer oder Keller aufgrund zu hoher Feuchtigkeit allseits bekannt. In beiden Fällen hilft nur ausreichendes Lüften der Räumlichkeiten – das bedeutet, die Innen- mit der Außenluft auszutauschen. Das Lüften hat nicht nur direkt Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden und die Gesundheit, sondern beeinflusst gleichzeitig den Energieverbrauch im Eigenheim. Woran das liegt, wie die Lüftungsanlagen entstanden sind und wie so ein System funktioniert, erklärt der heutige Artikel.
Natürliche Lüftung vs. Lüftungssystem
Ein Luftwechsel kann zum einen auf natürliche Weise geschehen oder mithilfe von maschinellen Lüftungen. Die klassischen Vertreter der natürlichen Lüftung sind allgemein bekannt: Entweder wird stoßgelüftet oder die Fenster werden gekippt. Jedoch ist die natürliche Lüftung im Winter bei Außentemperaturen unter 3 Grad und im Sommer ab etwa 26 Grad nicht mehr die angenehmste Variante. Einer der Hauptgründe der gegen das klassische Lüften sprich ist der hohe Wärme- bzw. Energieverlust. Im Winter verliert man beim natürlichen Lüften viel Wärme – die Energiekosten steigen um circa 30%. Weitere Nachteile des konventionellen Luftwechsels sind externe Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Verkehrslärm, Abgase oder Wind, Regen und Schnee. Es ist wenig verwunderlich, dass der erfindungsreiche Mensch Alternativen zur natürlichen Lüftung entwickelte.
Entstehung der Lüftungssysteme
Der Mensch kann ohne Nahrung und Wasser einige Zeit überstehen – ohne Sauerstoff überlebt er jedoch nur wenig Minuten: Luft ist lebensnotwendig. Bereits als die ersten Menschen in Höhlen siedelten und das Feuer als Wärme- und Kochquelle nutzen, wurde die Notwendigkeit von Frischluft deutlich. Abhilfe schufen sich unsere Vorfahren mithilfe eines Felsenloches als Rauchabzug. Dieser kleine clevere Abzug bewahrte den Homo habilis vor einer Rauch- oder Kohlenstoffmonoxidvergiftung und ebnete den Weg für alle weiteren Entwicklungen der Menschheit. Über Generationen hinweg folgten diverse Maßnahmen, um die Behausungen oder öffentliche Einrichtungen mit dem notwendigen Lebenselixier zu versorgen. Die Inspiration zu den Belüftungssystemen ist oftmals in der Natur zu finden – Insekten wie zum Beispiel Wespen oder Termiten integrieren in ihre Nester Luftaschen oder Schlote und nutzen den Kamineffekt zur Belüftung. Im Jahre 2650 vor Christus bedienten sich die Ägypter des natürlichen Vorbildes und bauten das erste Belüftungssystem in die Cheopspyramide ein.
In China wurde 300 vor Christus bereits eine Kombination aus Heizung und Lüftung in die Bauprojekte integriert. Bei dieser Technik wurde der Rauch der Feuerstelle über ein Kanalsystem in den Fußboden sowie Wände geleitet und erwärmte so das Gebäude. Damit konstruierten die Chinesen die erste Lüftung mit Wärmerückgewinnung – für diese Zeit eine beeindruckende Leistung. Die Perser hingegen arbeiteten in den frühen Jahrhunderten mit sogenannten Windtürmen. Diese Gebäudeform leitete wehende Winde in Abluftkamine um und erzeugte so einen Unterdruck in den Innenräumen. Frische Außenluft – aus den bodennahen, kühleren Regionen – strömte gleichzeitig in die Räume nach. In England wird dieses Prinzip heutzutage noch eingesetzt. Mit immer größer werdenden Gebäuden wurde die Belüftung von innen liegenden Räumlichkeiten zur zentralen Aufgabe von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Tüftlern. Einer dieser Pioniere war der Engländer Stephen Hales. Er präsentierte im Jahre 1740 ein ausgeklügeltes System zur Belüftung des Gefängnisses Newgate und damit den ersten funktionsfähigen Ventilator – die Basis für viele maschinelle Anlagen und die Gebäudebelüftung, wie wir sie heute kennen.
Energiekrise und die Erfindung der dezentralen Lüftungsanlagen
Viele der Belüftungstechniken gerieten ab dem 19. Jahrhundert zunächst in Vergessenheit. Dafür waren in erster Linie die Fortschritte bei der Heizungstechnik und die unendlich erscheinenden fossilen Brennstoffe verantwortlich. Die modernen Heizungssysteme waren dank Kohle, Gas und Öl billig zu betreiben – zum Lüften der Räume wurden die Fenster einfach weit geöffnet, während die Heizungen weiter liefen. In den 70er Jahren erfolgte – ausgelöst durch die Energiekrise – ein erstes Umdenken. Es entstanden erste Wärmerückgewinnungsanlagen, Wärmepumpen und die ersten technisch kontrollierten Wohnungslüftungen. Auch die Regierung handelte und erlies im Jahre 1976 das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und 1977 die Wärmeschutzverordnung. Es dauerte trotzdem noch bis zum Jahre 1991, bis die erste dezentrale Belüftungs- und Entlüftungsanlage mit Wärmetauscher zum Patent angemeldet wurde. Das beeindruckende Prinzip der Wärmerückgewinnung verdeutlicht das nachfolgende Video.
Zentrale oder dezentrale Lüftungsanlage?
Neben der sogenannten Schachtlüftung hat sich die maschinelle Lüftungsanlage etablieren können. Bei der maschinellen Lüftungsanlage unterscheidet man zwischen verschiedenen Varianten: Heutzutage existieren Lüftungssysteme mit kontrollierter Abluft, kontrollierter Zuluft, kombinierte Zu- und Abluftanlagen und Modelle mit einer integrierten Wärmerückgewinnung. Weiterhin wird zwischen der zentralen und dezentralen Lüftung unterschieden. Bei der zentralen Belüftungsanlage werden die Räume übe ein Luftkanalsystem mit frischer Luft versorgt. Im Idealfall wird dabei der Abluft über einen Wärmetauscher die Wärme entzogen und der kalten Außenluft zugeführt – oder sie wird im Sommer zuvor abgekühlt. Das Luftkanalsystem der Anlage erfordert jedoch einen hohen Planungs- sowie Installationsaufwand und kann nur umständlich in Altbauten integriert werden. Zentrale Belüftungssysteme sind daher ideal für Neubauten wie beispielsweise luftdichte Passiv- und Niedrigenergiehäuser. Heutzutage sind dezentrale Lüftungsanlagen der Standard, da sie in allen Räumlichkeiten einfach und kostengünstig nachgerüstet werden können. Sie werden vermehrt in privaten Haushalten, aber auch in größeren Gebäuden wie zum Beispiel Schulen, Kindergärten, Behörden, Großraumbüros, Vereinsheime, Arztpraxen, Krankenhäuser und vielen weiteren öffentlichen Einrichtungen eingesetzte. Sie arbeiten in der Regel mit einem Wärmezwischenspeicher oder einem Wärme Überträger und erzielen so eine Wärmerückgewinnung von bis 91%. Mehr Informationen über die unterschiedlichen dezentralen Systeme und deren Funktionsweisen gibt es bei Lüftungsanlage von inVENTER.
Förderprogramme für Bauen und Sanieren
Der Staat fördert über die KfW Bank energieeffiziente Neubauten und die Sanierung von bestehenden Gebäuden mit günstigen Krediten oder Zuschüssen. Unter dieses Förderprogramm fällt auch die Erneuerung oder der Einbau von Lüftungsanlagen. Im Bereich der Neubauten handelt es sich konkret um das Programm 153 “Energieeffizientes Bauen“ und das Programm 124 “KfW-Wohneigentumsprogramm“. Für Sanierungsarbeiten gibt es entweder einen Kredit im Rahmen des Programms 151/152 “Energieeffizientes Sanieren“ oder einen Investitionszuschuss mit bis zu 30.000 Euro über das Programm 430. Weiterführende Informationen zu den Förderprogrammen gibt es direkt bei der KfW und bei Energieberatern vor Ort.